Mediation im Geschwisterkonflikt – Demenz des Vaters

Inhaltsverzeichnis

Geschwisterkonflikt – Versorgung des demenziell erkrankten Vaters.

Dieses Fallbeispiel ist im Rahmen eines Projektes im Fachreferat Gesundheit und Verbraucher  der Deutschen Stiftung Mediation entstanden.

Das ehrenamtliche Projekt soll Laien, erkrankten und zugehörigen Menschen einen Einblick in die Unterstützungsmöglichkeiten der Mediation bei demenzieller Erkrankung in der Familie geben.

Im exemplarischen Fallbeispiel geht es um den Konflikt zwischen fünf Geschwistern rund um die optimale Versorgung des dementiell erkrankten Vaters.

Wie kommt es zum Konflikt?

Fünf Geschwister werden fast täglich und voneinander unabhängig im städtischen sozialpsychiatrischen Zentrum vorstellig. Sie alle möchten die Unterbringung des an Demenz erkrankten Vaters regeln und sprechen jeweils mit verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die persönlichen Erwartungen zur Unterbringung des Vaters und auch die Äußerungen der Geschwister sind daher sehr unterschiedlich:

Die Aussagen reichen von „Er fühlt sich wohl und ist recht selbstständig, aber meine Geschwister wollen ihn wegsperren.“, über „Wir dürfen ihn wegen unseres Familienversprechens nie im Heim unterbringen.“, zu „Der kann doch nicht weiter beim ältesten Sohn wohnen.“, oder gar „Es ist unverantwortlich und gefährlich, ihn vormittags im Haus des Bruders allein zu lassen.“ und „Er braucht intensive häusliche Krankenpflege.“.

Die Geschwister äußern also bei jeweils anderen Kontaktpersonen jeweils unterschiedliche und sich widersprechende Sichtweisen und Überzeugungen.

Weil die Geschwister sich an jeweils andere Kontaktpersonen im Zentrum wenden, fällt dort zunächst nicht auf, dass hier unterschiedliche Familienmitglieder denselben Fall beschreiben und dazu ganz verschieden beraten werden. Dadurch werden die Differenzen zwischen den Geschwistern unbeabsichtigt verstärkt.

Im Zuge einer Teamsitzung des Zentrums wird klar, dass diese Beratungssituationen verschiedene Geschwister einer Familie betreffen. Die Mitarbeiter vereinbaren, die Geschwister an einen Tisch zu bringen; sie wollen jeweils „ihren“ Gesprächspartnern eine Mediation empfehlen. Dadurch sollen die Geschwister dabei unterstützt werden, eine gemeinsame Strategie zu finden, und außerdem sollen Vorwürfe, Streit und gegenseitige Verletzungen abgebaut werden.

Der Vorschlag eines gemeinsamen Gesprächs mit einem unabhängigen Mediator findet bei den Geschwistern Anklang.

Beim Organisieren der Mediation wird deutlich, dass schon seit einiger Zeit kein direkter Austausch mehr zur Betreuung des Vaters zwischen ihnen stattgefunden hatte. Alle Geschwister sind daher auch davon überzeugt, mit ihrer jeweiligen Sichtweise die „selbstverständliche“ und richtige Lösung für den Vater parat zu haben.

Welche Informationen ergeben sich aus der Mediation?

Die schwierige Ausgangssituation muss der Mediator besonders berücksichtigen. In der Mediation vermittelt er den Geschwistern daher zunächst, dass sie eine grundsätzliche Gemeinsamkeit haben: Alle sind in Sorge um den Vater und fühlen sich für seine Unterbringung verantwortlich.

Danach bittet der Mediator alle Geschwister, ihre persönlichen Vorstellungen von einem wünschenswerten Älterwerden nacheinander darzustellen. Die individuellen Antworten werden auf einem Flipchart notiert. Zum Erstaunen der Geschwister sind die persönlichen Vorstellungen für das eigene Altern bei allen nahezu deckungsgleich.

Als der Mediator nach den Vorstellungen des Vaters fragt, wird auch deutlich, dass nur der Sohn, bei dem der Vater lebt, mit diesem in Austausch und in Abstimmung ist. Gemeinsam bearbeiten die Geschwister dann die Fragen: „Was hat Vater sich gewünscht?“ und „Was wünschen Sie sich für den Vater?“. Auch diese Sammlungen zeigen bei allen Geschwistern eine überwiegende Gemeinsamkeit. Die Geschwister sind erstaunt und betroffen darüber, dass trotz gleicher Grundideen so unterschiedliche Sichtweisen entstanden waren, was das Beste für den Vater sei.

Sie erkennen, dass der fehlende Austausch untereinander ein Grund dafür war, und sprechen in der Mediation angeregt miteinander. Dieses schafft eine neue Verbundenheit sowie eine konstruktive Stimmung. Sie fühlen sich nun wieder in der Lage, miteinander über dieses schwierige Thema zu sprechen.

Was wird in der Mediation vereinbart?

Der Mediator vereinbart mit den Geschwistern, dass zunächst keine weiteren Mediationstreffen folgen sollen. Die Geschwister entschließen sich, eine einvernehmliche Lösung zur Unterbringung des Vaters in weiteren Gesprächen – ohne Beisein des Mediators – zu entwickeln. Bei Bedarf können sie den Mediator hinzuholen.

Nach der Mediation

Den Geschwistern ist es gelungen, eine Lösung zu finden. Zwischendurch hat der Mediator Unterstützung in kurzen Telefongesprächen gegeben, die er nach vorheriger Vereinbarung mit allen – immer abwechselnd mit einem der Geschwister – geführt hat. Einige Monate nach der Mediation berichten ihm die Geschwister, dass sie ihre Streitigkeiten zur Versorgung des Vaters gelöst haben.

Hinweise

Alle im Fallbeispiel verwendeten Namen sind frei erfunden.
Die Deutsche Stiftung Mediation steht für die Bewerbung von Mediation, nicht für einzelne Angebote von Mediatorinnen und Mediatoren.

Sie können sich mit Ihren Fragen trotzdem gerne an mich wenden.

Ich veröffentliche diesen Text in seiner Originalversion und unkommentiert als stellvertretende Leiterin des Fachreferates Verbraucher und Gesundheit bei der Stiftung.

Hier finden Sie die vollständige Projektbeschreibung, ergänzende Videos und weitere exemplarische Fallbeispiele:

Link zum Projekt Mediation am Beispiel der Demenz

Und hier der Text im PDF-Format, falls Sie ihn ausdrucken oder an andere Interessierte weiterleiten möchten.

5 Geschwister – 5 Sichtweisen zur Versorgung des Vaters

Vielen Dank für Ihr Interesse 🍀

MARJA
KÖLTZSCH.

Wer ich bin

Als zertifizierte Mediatorin bin ich spezialisiert auf außergerichtliche Konfliktklärung im Umfeld von Gesundheit, Erkrankung und Pflege.

Über Schulungen und Projektmanagement unterstütze ich Menschen dabei, Konflikte und schwierige Situationen eigenverantwortlich und gewaltfrei zu lösen – beruflich wie privat.

Warum…

Marja Költzsch

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Marja Költzsch

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Montag – Samstag: 09:00 – 18:00 Uhr