Wenn der Ehemann immer unordentlicher und ungehaltener wird – Konflikt eines Ehepaares
Ein exemplarisches Fallbeispiel
Herr und Frau Maurer sind seit mehr als 50 Jahren verheiratet und haben sich vor 45 Jahren ein stattliches Wohnhaus gebaut. Einer der Söhne wohnt in einer eigenen Wohnung mit im Haus und schaut täglich nach den Eltern. Zu beiden hat er schon immer einen „guten Draht“.
Seit gut drei Jahren wird Herr Maurer immer vergesslicher, was auch dem Sohn aufgefallen ist. In letzter Zeit beschuldigt Herr Maurer immer häufiger seine Frau, Dinge verlegt zu haben oder gar vor ihm zu verstecken.
Als Herr Maurer seinen Geldbeutel nicht findet, hilft ihm Frau Maurer bei der Suche. Weil auch ihre Suche erfolglos bleibt, löchert sie ihren Mann mit Fragen, um einzugrenzen, wo sich der Geldbeutel mit Ausweis, Geld, Kreditkarten und weiteren wichtigen Dokumenten befinden könnte.
Herr Maurer wirkt zusehends gereizt. Schließlich beschimpft und beleidigt er seine Frau.
Auch andere Alltagssituationen führen zu lautstarken Beschimpfungen durch ihren Mann: wenn das Essen zu heiß ist, wenn sie zu lange im Badezimmer braucht …
Diese Situationen belasten und verunsichern Frau Maurer; das Zusammenleben mit ihrem Mann wird schwierig. Schließlich wendet sie sich an einen Mediator.
Ihr Mann empfindet diesen Vorschlag als Zumutung, da er keine Notwendigkeit zu einem solchen Schritt sieht. Er befürchtet, dass er Vorhaltungen und Zurechtweisungen zu erwarten hat und dass seine Frau so „noch mehr Rückendeckung“ bekäme. Trotzdem sagt er schließlich zu, weil sein Sohn ihn beruhigen kann: „Schau Dir das doch mal an. Im schlimmsten Fall kannst Du es ja beenden.“
In der Mediation wird deutlich, dass sowohl Herr als auch Frau Maurer mit der Situation unzufrieden und in Teilen überfordert, verletzt, wütend und traurig sind.
Früher schätzte Frau Maurer die ruhige, verlässliche und besonnene Art sowie den Ordnungssinn ihres Mannes.
Als Verwaltungsamtmann traf er immer den richtigen Ton und hatte sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause Dinge stets griffbereit. Beispielsweise hatte in seiner Hobbywerkstatt jedes Werkzeug seinen Platz. Jetzt liegen die Werkzeuge oftmals verstreut im ganzen Haus, im Garten oder an den unmöglichsten Stellen herum.
Mittlerweile nimmt Frau Maurer ihren Mann oft anders wahr, was sie enttäuscht. Sie erlebt ihn plötzlich als nachlässig, unordentlich, ungerecht, zum Teil auch aggressiv.
Auch Herr Maurer ist mit der derzeitigen Situation unzufrieden. In der Mediation beschreibt er nachvollziehbar den erheblichen Stress, den er zurzeit erlebt. Das „Nichtauffinden“ von Gegenständen stört und beunruhigt ihn. Zum Teil kann er es auf seine neue Nachlässigkeit zurückführen. Aber immer wieder hat er den Eindruck, dass seine Frau „hinter ihm aufräumt“; das kann er überhaupt nicht ausstehen.
Und dann sind da die ständigen Fragen seiner Frau, die ihn überfordern, beschämen und auf sein Unvermögen hinweisen. Teilweise fühlt sich Herr Maurer hilflos, da es aus seiner Sicht nicht sein kann, selbst für das Nichtauffinden verantwortlich zu sein. Er nimmt sich sehr zusammen, wenn er Enttäuschung und Bevormundung erlebt. Aber manchmal platzt ihm einfach der Kragen – „völlig unerwartet und maßlos“.
Die Unterstellungen, Beschimpfungen und Beleidigungen verunsichern und verletzen Frau Maurer. Beiden Beteiligten geht es nicht gut in der Situation.
In der Mediation schaffen sie es aber mit der Unterstützung des neutralen Dritten, dem Mediator, zu erkennen, wie es dem anderen in dieser Situation geht.
Daraufhin können sie gemeinsame Überlegungen für die Zukunft anstellen, was beide als zielführend und hilfreich empfinden.
Im Zuge der Mediation wurde deutlich, dass für Herrn Maurer speziell finanzielle Themen sehr belastend sind. Er macht sich da viele Gedanken. Da Frau Maurer nahezu alle Einkäufe erledigt, mit ihrem Mann gemeinsam zum Arzt oder zur Bank geht, ist Herr Maurer damit einverstanden, dass sich künftig nur noch ein kleinerer Geldbetrag für „alle Fälle“ in seinem Geldbeutel befindet.
Das Paar vereinbart, sich gegenseitig Zeichen zu geben, wenn „das Eis dünn wird“.
Auch wird vereinbart, mehr „Selbstverständlichkeiten“ im Alltag anzusprechen, z. B. „Ich habe Dein Werkzeug aus dem Garten in die Werkstatt gebracht.“.
Ganz wichtig ist, dass die Partner in der Mediation verstanden haben, dass sie sich nicht gegenseitig verletzen wollen. Auch das wollen sie in entsprechenden Situationen aussprechen.
Auch durch ihren Sohn erhalten sie im Alltag Unterstützung.
Durch seine empathische Art „erreicht“ der Sohn seinen Vater selbst in belastenden Situationen gut. Das Paar vereinbart, den Sohn um Hilfestellung zu bitten, falls es zu Streitigkeiten kommt.
Er bietet beiden auf Nachfrage seine Unterstützung an.
Darüber hinaus will sich Frau Maurer über externe Unterstützungsmöglichkeiten informieren, um genauer zu verstehen, wie sie mit dem veränderten Verhalten ihres Mannes umgehen kann.
Für Herrn und Frau Maurer ist ihr Sohn in solchen oder ähnlichen Situationen eine große Hilfe. Herr Maurer fand die Idee seines Sohnes gut, die Hobbywerkstatt aufzuräumen und an die Bedürfnisse von Herrn Maurer anzupassen. Es gibt zwar immer noch Tage, an denen Herr Maurer nach Sachen sucht, allerdings eskalieren solche Suchaktionen nicht mehr.
Über eine Fachstelle hat Frau Maurer Tipps und Unterlagen erhalten, um sich hilfreiche Gesprächstechniken sowie Verhaltensweisen aneignen zu können.
Zwischenzeitlich gelingt es Frau Mauerer mehr und mehr, souveräner mit solchen Ereignissen umzugehen. Für sie ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass sie schwierige Situationen nicht alleine meistern muss und bei Bedarf Hilfe – auch von außen – in Anspruch nehmen kann.
Dieses exemplarische Fallbesipiel entstand im Rahmen eines Projektes im Fachreferat Gesundheit und Verbraucher der Deutsche Stiftung Mediation.
Hinweis: Alle im Fallbeispiel verwendeten Namen sind frei erfunden.
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Marja Költzsch
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